H./Thüringen. – Bei Bau- und Montagearbeiten arbeiten Betriebe häufig mit Fremdfirmen zusammen. Dann sind vor Ort mehrere Unternehmen gleichzeitig im Einsatz. Dabei entstehen Bereiche mit gegenseitiger Gefährdung. Umso wichtiger ist es, dass die Sicherheitsmaßnahmen von allen Beteiligten eingehalten werden. Was passiert, wenn dies nicht so ist, zeigt der folgende Fall.

 

Das Transportband zum Silo eines Betriebes sollte umgebaut werden. Eine Fremdfirma, spezialisiert auf Fördertechnik, war beauftragt, dies umzusetzen. Diese wiederum hatte noch eine weitere Firma beauftragt für die Montage und Demontage. Die Arbeiten wurden im Team auf der Decke des Silos in ca. 50 m Höhe durchgeführt. Im Rahmen der Umbaumaßnahmen mussten zunächst Anlagenteile demontiert werden. Dabei entstand ein Loch in der Silodecke. Diese nicht mehr überbaute Öffnung war etwa 1,20 m x 1,70 m groß. Eine durch die Arbeiten neu entstandene Gefahrenstelle. Um Abstürze zu vermeiden, wurde diese mit einer Umwehrung aus Stahlrohr-Gerüstbauteilen gesichert.

 

„Bei den Arbeiten auf dem Silodach bestand Anschlagpflicht.“

Wie das scheinbar Unmögliche passierte

Zum Unfallzeitpunkt sollten in der Nähe der Öffnung schwere Stahlträger per Hand transportiert werden. Vorarbeiter Franjo H. (48) gehörte mit zum Team. Auf Kommando wurde einer der Stahlträger mit vier Mann angehoben und gemeinsam versetzt. Dabei kam Franjo ins Stolpern. Was niemand für möglich gehalten hatte, passierte in wenigen Sekunden. Franjo stürzte durch die Öffnung in der Silodecke. Er fiel ca. 22 m tief ins Silo. Die geschockten Kollegen leiteten sofort die Rettungskette ein. Werksfeuerwehr, Rettungsdienst und die Höhenrettung der Feuerwehr waren umgehend vor Ort. Doch Franjo konnte nur noch tot geborgen werden. Alle Bau- und Montagearbeiten wurden daraufhin erst mal stillgelegt. Am folgenden Tag wurde eine Betriebsversammlung mit allen Bau- und Montagefirmen durchgeführt und über den Unfall berichtet.

 

„Die Unfalluntersuchung zeigte, dass die Umwehrung um die Öffnung nicht geeignet war, einen Absturz zuverlässig zu verhindern“, so die zuständige Aufsichtsperson. „Durch die unterschiedliche Höhe des Bodens um die Umwehrung herum war die notwendige Höhe in einzelnen Bereichen nicht gegeben. Der Abstand vom Handlauf zur Knieleiste war zu groß, die Höhe des Geländers insgesamt zu niedrig. Bei den Arbeiten auf dem Silodach bestand für alle Beteiligten Anschlagpflicht. Herr H. trug zwar ein Sicherheitsgeschirr, war aber zum Zeitpunkt des Unfalls nicht angeschlagen. Ob er es vergessen hatte, es mit den Anschlagmöglichkeiten vor Ort zu tun hatte oder es andere Gründe gab, lässt sich rückwirkend nicht mehr klären. Nach dem Unfall wurde die Öffnung zusätzlich zur Umwehrung mit Gerüstbohlen abgedeckt. Seitens des Betriebes war ein SiGeKo (Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator) für alle Bau- und Montagearbeiten ständig vor Ort auf der Baustelle. Die Fremdfirma wurde nach dem Unfall verpflichtet, dass bei Durchführung der Arbeiten durch Subunternehmer auch eine Sicherheitsfachkraft rund um die Uhr vor Ort zu sein hat. Alle Gefährdungsbeurteilungen wurden überarbeitet und aktualisiert. Die Koordinatoren wurden beauftragt, die Wirksamkeit aller Maßnahmen, Abläufe und Kontrollen noch einmal zu überprüfen.“

Kurz & knapp

  • Wenn Fremdfirmen im Betrieb arbeiten, können neue Gefahrenstellen entstehen. Diese sind durch geeignete Schutzmaßnahmen abzusichern und von einem Koordinator oder einer Sicherheitsfachkraft zu prüfen. Die Arbeiten sollten während dieser Zeit unterbrochen werden.
  • Immer auf die Kollegen achten. Keine Alleingänge zulassen, wenn Schutzmaßnahmen nicht eingehalten werden.
  • Selbst-Check: Fühle ich mich körperlich fit genug, die Arbeiten heute durchzuführen?