B./Nordrhein-Westfalen. – Ein Mensch kann 30 Tage überleben, ohne zu essen. Drei Tage, ohne zu trinken. Aber nur drei Minuten ohne Sauerstoff. Sauerstoffmangel in Behältern, Silos und engen Räumen kommt häufig vor. Besonders, wenn mit Gasen gespült wurde, die Sauerstoff verdrängen. Das kann sehr schnell lebensgefährlich werden.

 

Der Rührkessel war leer und gespült. Havel K. (31) bereitete den Start der nächsten Produktion vor. Doch bei der Sichtprüfung entdeckte er klumpige Reste auf dem Boden des Behälters. Statt diese auszuspülen, entschied er sich für die schnelle Variante. Er informierte seinen Kollegen Karl D. (38). Bat ihn, in „Hörweite“ zu bleiben. Holte sich die Kombimaske, denn er rechnete mit giftigen Dämpfen. Und stieg dann von oben mit einem Eimer in den Behälter.

 

„Wenn Sauerstoffmangel nicht erkannt wird, wird es gefährlich.“

 

Kurze Zeit später hörte Karl plötzlich ein ungewöhnliches Geräusch. Daraufhin begann er, Havel zu rufen. Doch dieser reagierte nicht. Alarmiert stieg Karl nach oben und schaute in den Behälter hinein. Dort sah er Havel bewusstlos am Boden liegen. Karl handelte sofort und holte seinen Kollegen Felipe T. (28). Beide setzten sich die Kombimasken auf. Während Felipe in den Behälter stieg, um seinem Kollegen zu helfen, lief Karl los, um Hilfe zu holen. Auf dem Weg traf er seinen Schichtleiter, der sofort mit zum Behälter zurücklief. Der Blick von oben sagte alles. Beide Kollegen lagen am Boden des Behälters und bewegten sich nicht mehr.

 

Der Schichtleiter wusste sofort, um was es ging: Sauerstoffmangel. Ein lebensgefährlicher Notfall. Geistesgegenwärtig schnappte er sich den Schlauch einer Druckluftversorgung. Schnitt ihn durch und ließ das „pustende“ Ende hinab in den Behälter. Und sorgte so für Frischluft am Boden. Parallelleitete er die Rettungskette per Handy ein. Felipe kam daraufhin sehr schnell wieder zu sich. Und konnte vor Eintreffen der Feuerwehr sogar allein aus dem Behälter klettern. Havel wurde etwas später noch benommen aus dem Behälter gerettet.

 

„Dieser Fall zeigt, wie gefährlich Sauerstoffmangel in Behältern, Silos und engen Räumen ist, wenn er nicht erkannt wird. Immer wieder kommt es vor, dass Kollegen beim Rettungsversuch selbst ums Leben kommen. Sie eilen zu Hilfe, ohne an die Eigensicherung zu denken“, so die zuständige Aufsichtsperson. „In Behältern mit wenig Sauerstoff kann jeder ohne Vorwarnung bewusstlos werden und ersticken. Ohne die Geistesgegenwart des Schichtleiters wäre dieser Fall anders ausgegangen. Nach der Spülung befand sich ein Mix aus Luft und Reststickstoff im Behälter. Aber keine toxischen Dämpfe. Die eingesetzten Kombimasken waren für Sauerstoffmangel nicht geeignet, denn sie funktionieren nicht unabhängig von der Umgebungsluft.“

Kurz & knapp

  • Besondere Vorsicht in Behältern, Silos und engen Räumen! Hier kommt es durch mangelnde Lüftung oft zu lebensgefährlichem Sauerstoffmangel. Außerdem wird Sauerstoff
  • – durch Gase wie Stickstoff beim Spülen verdrängt,
  • – durch Schweißen oder chemische Prozesse verbraucht,
  • – durch oxidierende Metalle oder sich zersetzende pflanzliche oder tierische Stoffe aufgezehrt.
  • Vor dem Betreten Behälter freimessen, überwachen und gegebenenfalls belüften. Geeigneten Atemschutz tragen, der unabhängig von der Umgebungsluft funktioniert. Eine Filtermaske schützt bei Sauerstoffmangel nicht gegen Ersticken.
  • Für rettende Kollegen gilt: Ruhe bewahren und an Eigensicherung denken.