B./Baden-Württemberg. – Im Freilager werden riesige Betonfertigteile aufrecht stehend in Stapelrechen gelagert. Auf quer liegenden Kanthölzern. Gesichert mit Holzkeilen von oben. Für den Transport gibt es an jeder Platte ein Ankersystem, dessen Hülsen einbetoniert sind. Anschläger Harris J. (41) war dabei, die Stahlseilschlaufen dort hineinzuschrauben. Doch plötzlich begann der Plattenriese zu kippen. Krachte um. Und begrub Harris’ Beine unter sich.

 

Das Ganze hatte eine Vorgeschichte. Die umgekippte Platte wurde bereits ein halbes Jahr vorher produziert und im Freilager auf Kanthölzern gelagert. Dabei gab es ein Problem: Platzmangel. Deshalb wurde die Platte weder im Rechenregal eingelagert noch mit Keilen verspannt, sondern frei stehend davor abgesetzt. Wegen der längeren Lagerzeit wurden dann die eingeschraubten Teile der Transportanker wieder herausgeschraubt.

 

„Niemand fühlte sich so wirklich verantwortlich, für Kippsicherheit zu sorgen.“

Ungesicherte Lagerung

Als Harris die Platte zum Abtransport klarmachen wollte, trat er an ein aufrecht stehendes, ungesichertes Betonteil heran. Ob eine Windböe die Platte zum Kippen brachte oder die Kanthölzer marode waren, lässt sich rückwirkend nicht mehr sagen. Die Platte fiel plötzlich um. Und Harris hatte keine Chance mehr zu fliehen. Sein Kollege, der den Kran bediente, hatte keine Sicht auf das Geschehen, hörte aber Geräusche. Durch sein rasches Eingreifen mit Anheben der Platte konnte er Harris schnell befreien, die Rettungskette und Erste-Hilfe-Maßnahmen einleiten.

 

„Der Unfall zeigt, dass erkannte Mängel sofort behoben werden müssen. Die Unfalluntersuchung ergab, dass die Platte bereits über ein halbes Jahr ungesichert im Freilager stand. Immer wieder fiel dies auf. Dem Mitarbeiter. Dem Vorgesetzten. Dem Werksleiter. Der Mangel wurde zwar mündlich beanstandet, aber nicht behoben. Niemand fühlte sich so wirklich verantwortlich, für Kippsicherheit zu sorgen“, so die zuständige Aufsichtsperson. „Regelmäßige Unterweisungen zur Lagerung, zum An- und Abtransport von Lasten gab es. Eine Gefährdungsbeurteilung mit Transport- und Lagerprozessen lag ebenfalls vor. Nach dem Unfall wurde die Lagerordnung um das Thema ‚Was ist zu tun bei ausgeschöpfter Lagerkapazität?‘ erweitert. Vorgefundene Mängel werden mit den Mitarbeitern ausgewertet und sofort abgestellt. Erst dann wird die Arbeit fortgesetzt.“

Kurz & knapp

  • Für den Transport von großen Betonfertigteilen nur geeignete, geprüfte Anschlagmittel benutzen und bestimmungsgemäß verwenden.
  • Handzeichen zwischen Kranbediener und Anschläger vereinbaren.
  • Großflächige Platten nur auf intakten, tragfähigen Kanthölzern abstellen, die quer zur Platte liegen.
  • Betonteile senkrecht im Stapelrechen einlagern und mit Holzkeilen von oben gegen Umkippen und unkontrollierte Bewegungen sichern, erst dann den Kran entlasten.
  • Nicht im Kippbereich von Betonteilen aufhalten.
  • Mängel sofort abstellen, Lagerbereich so lange absperren.