N./Niedersachsen. – Warum kommt denn da kein Material nach? Mischmeister Hanno G. (49) ließ die Abzugseinrichtung laufen, um zu sehen, was los ist. Und fand nach langer Suche seinen Kollegen Patrick E. (31) im Siloauslauf. Sofort setzte er die Rettungskette in Gang.

 

Aus dem Silo kam kein Sand mehr. Das Material innen an den Wänden war festgebacken. Patrick hatte den Auftrag, die Silowände von außen abzuklopfen, damit der Betrieb weitergehen konnte. Während er den Hammer schwang, machte sich Hanno auf den Weg zu einer anderen Störungsstelle.

 

Als der Mischmeister nach einer Weile wieder am Siloauslauf vorbeikam, wunderte er sich, dass der Materialfluss immer noch stockte. Patrick war nicht zu sehen. Hanno vermutete einen Alleingang mit Stocherstange. Deshalb schaute er von oben ins Silo. Und tatsächlich: Dort hing eine Leiter. Von Patrick aber weit und breit keine Spur. Also fragte Hanno im Leitstand nach, ob Patrick vielleicht ein Sicherheitsgeschirr und einen Kollegen als Sicherungsposten zu Hilfe geholt habe. Aber das war nicht der Fall. Auch sonst hatte niemand Patrick gesehen. „Vielleicht war die Störung ja schon behoben und Patrick hatte nur die Leiter vergessen?“, dachte sich Hanno. Und setzte die Suche nach seinem Kollegen fort. Doch Patrick blieb verschollen.

 

„Herr E. betrat allein und ungesichert das Schüttgut.“

 

Irgendwann entschied sich Hanno, den Auslauf zu starten. Und siehe da: Der Sand strömte wieder. Doch mit dem Sand tauchte plötzlich noch etwas anderes in der Auslauföffnung auf. Etwas, das überhaupt nicht aussah wie Sand. Die Erkenntnis traf Hanno wie ein Schlag: Das ist der Arm von Patrick! Sofort stoppte er die Anlage und leitete die Rettungskette ein. Zusammen mit einem Kollegen versuchte er, Patrick aus der Öffnung zu befreien, was aber misslang. Die sofort eintreffende Feuerwehr konnte Patrick nur noch tot bergen.

 

„Schüttgut kann sich wie ein fester Körper verhalten, indem es ‚Brücken‘ bildet, aber auch wie eine Flüssigkeit, so dass man im fließenden Schüttgut leicht versinken kann. Diese Gefahr des Versinkens wird oft unterschätzt“, so die zuständige Aufsichtsperson. „Die Unfalluntersuchung zeigte, dass Herr E. allein ins Silo gestiegen war, um die Anbackungen loszustochern. Ohne Erlaubnis, ohne Sicherheitsgeschirr oder Siloeinfahreinrichtung. Und ohne einen Sicherungsposten, der ihn oben am straffen Seil gesichert hätte. Herr E. betrat ungesichert das Schüttgut. Vermutlich hatte der Sand eine feste Brücke über der Auslauföffnung gebildet. Darunter befand sich ein Hohlraum über der Abzugsvorrichtung. Diese Sandbrücke war Herrn E. wohl stabil genug erschienen, um draufzusteigen. Aber Sand bleibt Sand. Und Hohlraum bleibt Hohlraum. Als Herr E. hart genug stocherte, brach die Brücke zusammen. Herr E. versank in den abrutschenden Sandmassen. Dabei wurde er nach unten ins Silo gezogen. Eine vom Schüttgut auch nur teilweise umschlossene Person kann sich nicht selbst befreien und ohne geeignete Sicherung nicht mehr aus dem Schüttgut herausgezogen werden. Zu stark sind der Druck und die Sogwirkung.“

Kurz & knapp

  • Zu Beginn der Arbeiten in Silos mit Schüttgut sicherstellen, dass Zuführ- und Entnahmeeinrichtungen abgeschaltet und gegen Wiedereinschalten gesichert. sind.
  • Anhaftungen und Stauungen möglichst von. außen beseitigen. Geeignete Arbeitsmittel einsetzen zum Rütteln, Stoßen oder Arbeiten mit Druckluft wie z.B. Stocher- oder. Druckluftlanzen.
  • Wenn ein Befahren notwendig ist, muss für die Tätigkeit ein Erlaubnisschein vorliegen.
  • Siloeinfahreinrichtung oder feste Arbeitsbühne nutzen.
  • Arbeiten in Silos nur zu zweit ausführen. Einer ist Sicherungsposten, hält Kontakt und leitet ggf. Rettungsmaßnahmen ein.
  • Anstehende oder anhaftende Schüttgüter nur von oben beseitigen. Nicht unterhalb aufhalten.