K./Nordrhein-Westfalen. – „Wie gut, dass Andy sich an nichts mehr erinnern kann. Das muss echt krass gewesen sein, vom Förderband mitgerissen zu werden“, erzählt Kollege Luca V. (28). „Erst durch den Bandtunnel und dann aufs Rollenband. Da hat er sich dann, schwer verletzt, mit aller Kraft festgeklammert und gekämpft, bis Hilfe kam.“

 

Andy C. (42) ist Anlagenbediener an einer Absackanlage. Am Unfalltag kam es zu einer Störung. Mehrere befüllte Säcke waren auf den Boden gefallen, jeder 25 Kilo schwer. Also schaltete Andy den Roto-Packer am Bedienpult ab und öffnete die elektrisch verriegelte Schutztür. Dann betrat er den Bereich der Sackaufgabe. Dort hob er die  heruntergefallenen Säcke einzeln vom Boden auf und warf sie auf das laufende, kniehohe Förderband. Ob er dabei das Gleichgewicht verlor oder ausrutschte, weiß Andy nicht mehr. Jedenfalls stürzte er plötzlich auf das Förderband, das ihn sofort mitriss.

 

„Gnadenlos und unaufhaltsam wurde er durch den Bandtunnel gezogen.“

 

Andy hatte keine Chance, herunterzuspringen oder sich zu befreien. Gnadenlos und unaufhaltsam wurde er durch den Bandtunnel gezogen, danach auf den Rollenförderer übergeben. Hier bot sich ihm die einzige Chance, das Ganze zu überleben – ein Bügel, der mögliche Staus der Säcke meldet. Mit eisernem Griff packte Andy zu und begann um Hilfe zu rufen. Werksleiter Stephan K. traute seinen Ohren nicht, als er die Rufe hörte. Dann rannte er zur Unfallstelle. Dort sah er, dass Andy halb aufgerichtet am Bügel hing und sich wehrte, weiter mitgerissen zu werden. Stephan K. betätigte sofort den Not-Aus und leitete die Rettungskette ein. Schwer verletzt wurde Andy ins Krankenhaus gebracht.

 

„Ein Herunterfallen von Säcken an der Sackaufgabe ist grundsätzlich nicht auszuschließen“, so die zuständige Aufsichtsperson. „Ursache kann ein zu geringer Luftdruck der Abfüllanlage sein.“ Nach dem bestehenden Sicherheitskonzept durfte das Förderband bei abgeschaltetem Roto-Packer weiterlaufen. Wie der Unfall zeigt, bestand bei dieser Lösung grundsätzlich die Gefahr, vom kniehohen Förderband mitgerissen zu werden. Künftig muss das Förderband in das Schutzkonzept des Roto-Packers eingebunden werden. Der Mitarbeiter befand sich bei laufendem Förderband im Gefahrenbereich der Anlage. Aus seiner Sicht ging vom Förderband keine Gefahr aus. Grundsätzlich gilt: Hände weg vom laufenden Band.

Kurz und knapp

  • Technik: Ein Sicherheitskonzept muss die Abschaltung aller Gefahrenbereiche an einer Anlage mit einbeziehen. Zukünftig wird es folgende Schutzmaßnahmen geben: Das Förderband wird bei Störungsbeseitigung auch stillgesetzt. Zusätzlich wird eine Reißleine als Not-Aus im Aufgabebereich installiert. Die Luftdruck-Situation, die Auslöser für die heruntergefallenen Säcke war, wird technisch verbessert.
  • Organisation: Die Gefährdungsbeurteilung muss alle Gefahren bei einer Störungsbeseitigung mit bedenken und daraus Schutzmaßnahmen ableiten. In diesem Fall fehlte das Auflegen heruntergefallener Säcke auf das Band.
  • Kommunikation/Information: Der Anlagenbediener arbeitete allein. Für Störungen ist ein Vier-Augen-Prinzip zu entwickeln, bei dem Kollegen informiert und ein sicherer Ablauf festgelegt werden.
  • Qualifizierung/Wissen/Erfahrung: Der Mitarbeiter wurde regelmäßig unterwiesen und war erfahren im Umgang mit der Anlage. Routine schützt nicht vor Unfällen!
  • Einstellung/Verhalten: Der Mitarbeiter befand sich bei laufendem Förderband im Gefahrenbereich der Anlage. Wahrscheinlich geriet die eigene Sicherheit aus dem Blick. Am Förderband gilt grundsätzlich: Hände weg vom laufenden Band.