H./Niedersachsen. – Sie ist farblos, wässrig und riecht nicht. Wird zum Reinigen von Leitungen und Behältern genutzt. Besteht aus dem sogenannten Ätznatron und Wasser. Und heißt Natronlauge. Schon eine geringe Menge kann die Haut schädigen. Das gemeine dabei: Man bemerkt dies erst nach einer Weile. Währenddessen ätzt sich die Natronlauge tief ins Gewebe. Solche Wunden müssen dringend ärztlich behandelt werden. Und heilen nur sehr langsam. Wie in diesem Fall.

 

Freddy H. (37) befand sich in einem Behälter aus Edelstahl. Mit 2 m Durchmesser und 3 m Höhe. Dort wird zur Papierherstellung Zellstoff unter anderem mit Natronlauge gemischt. Der Behälter war aktuell leer. Kollegen hatten ihn mit Wasser gereinigt. Jetzt sollte Freddy den Propeller des Rührwerks austauschen.

 

Natronlauge statt Wasser

Für die Arbeit musste Freddy sich in dem engen Behälter auf den angeschrägten Edelstahlboden setzen. Dieser war noch nass. Wie Freddy vermutete, vom Ausspritzen mit Wasser. Während er mit der Reparatur begann, bemerkte er nach kurzer Zeit ein komisches Gefühl am Gesäß. Und dann ein Brennen.

 

„An einer Schweißnaht im Behälter hatte sich ein Riss gebildet.“

 

Freddy war alarmiert. Ließ alles stehen und liegen. Und verließ den Behälter. In der Umkleide inspizierte er seine schmerzende Hinterseite. Und wusste sofort, was zu tun ist. Spülen, spülen, spülen. Unter der Dusche ließ Freddy das Wasser über die betroffenen Stellen laufen, bis die Rettungskräfte eintrafen. Die ärztliche Untersuchung zeigte das Ausmaß der Verletzung. Trotz sofortiger Spülung entstanden handtellergroße schwere Verätzungen. Beide Pobacken waren betroffen. Das sind 4% der Körperoberfläche. Für Freddy bedeutete das: kaum sitzen können. Und viele Wochen starke Schmerzen.

 

„Die Untersuchung des Behälters zeigte, dass am Boden schon mal Reparaturarbeiten an der Innenwand durchgeführt worden waren“, so die zuständige Sicherheitsfachkraft. „An einer Schweißnaht hatte sich ein Riss gebildet. Bei den Reinigungsarbeiten sammelten sich hier Reste der Natronlauge. Diese traten dann aus dem Hohlraum des Spaltes aus. Für Herrn H. war nicht ersichtlich, dass es sich bei der Nässe noch um stark ätzende Natronlauge handelte und nicht um Wasser. Trotz mehrmaliger Spülung des Behälters war diese noch so konzentriert, dass sie zu schweren Verletzungen führte. Herr H. hat in diesem Fall alles richtig gemacht. Als er bemerkte, dass etwas nicht stimmte, hat er sofort den Behälter verlassen, die durchfeuchtete Kleidung abgelegt, gespült und auf medizinische Hilfe gewartet. Der Behälter wurde nach diesem Vorfall ersetzt.“

Kurz & knapp

  • In Behältern, Silos, engen Räumen ist besondere Vorsicht vor Gefahrstoffen geboten, auch wenn diese auf den ersten Blick leer und gereinigt erscheinen. Gefahrstoffe können als Restverschmutzung übriggeblieben sein, aus undichten Zuleitungen eindringen oder durch Arbeitsverfahren im engen Raum entstehen. Sie können unsichtbar und geruchlos sein. Deshalb: auf vollständige Entleerung und Reinigung achten.
  • Zum Entleeren oder Reinigen verwendete Spülgase, Löse- oder Reinigungsmittel können ebenfalls gefährlich sein. Mögliche Brand-, Explosions- und Gesundheitsgefahren beachten.
  • Behälter, Silos, enge Räume vor Reparaturarbeiten immer sicher abtrennen, vollständig entleeren und reinigen, ausreichend belüften und freimessen.
  • Je nach Tätigkeit Atemschutz, Hand- und Hautschutz verwenden.