In den Betrieben von ExxonMobil Production Deutschland (EMPG) sind 39 Safety-Coaches unterwegs. Als trainierte Sicherheitsbeauftragte sind sie Kollegen unter Kollegen. Mit geschultem Blick von außen unterstützen sie sicheres Arbeiten vor Ort. BAUZ traf dazu Jörg Häsemeyer, Safety Advisor, Christian Hahn, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Jürgen Riedemann, Leiter der mechanischen Werkstatt, und Joachim Reimann, Safety-Coach.

Wie kam es zum Einsatz von Safety-Coaches?

Häsemeyer: Wir haben Safety-Coaches anfangs vor allem bei großen Stillständen eingesetzt. Da war so viel Aktivität auf unseren Anlagen. Wir wollten, dass uns da nichts durch die Lappen geht. Wir arbeiten ja in einer Umgebung, wo viele Dinge zusammenkommen können, die Gefährdungspotenzial haben, wie beispielsweise toxische Medien, Drücke, Temperaturen bis hin zu rotierendem Equipment. Wir wollten jemanden haben, der qualifiziert ist und sich die Situation von außen anschaut. Jemanden, der von der Sicherheitsseite aus betrachtet, ob das alles so durchgeführt wird, wie wir uns das vorstellen. Aber auch jemand, der eine gute Kommunikation, einen guten Austausch mit den Mitarbeitern vor Ort gewährleistet.

Wer kann Safety-Coach werden?

Hahn: Jeder, der eine abgeschlossene Ausbildung hat, fest bei uns tätig ist und sich dazu berufen fühlt, kann Safety-Coach werden. Natürlich muss der Vorgesetzte dem zustimmen. Er muss abwägen, ob das betrieblich und personell passt und ob der Mitarbeiter diese Akzeptanz im Team hat oder haben kann.

 

Was ist wichtig für einen Safety-Coach?

Riedemann: Ein sicheres Auftreten ist wichtig und Selbstvertrauen. Dass die Kollegen tolerieren, wenn man mal was Unbequemes sagt. Man darf keine Hemmungen haben, was anzusprechen. Und es muss Gehör finden, was man sagt. Der Safety-Coach muss auch mit einem Team oder einer Gruppe gut umgehen können.

 

Wie wird man Safety-Coach?

Hahn: Zunächst machen alle den Grundlehrgang für Sicherheitsbeauftragte. Anschließend besuchen die Safety-Coaches dann ein internes Seminar zum Thema „Bewusste Wahrnehmung und Risikotoleranz“, „Kommunikationstraining“, „Gefährdungsbeurteilung“. Dort wird Gesprächsführung trainiert, Risikotoleranz geschult, Wahrnehmung aktiviert. Das Ganze wird anhand von Videoaufnahmen analysiert. Man kann sich selbst sehen und erhält Tipps und Hinweise vom Profi, wie man tatsächlich solche Sachen angeht. Ziel ist auch, dass man sich selbst besser kennenlernt. Wie man auf andere wirkt und bei Kritik rüberkommt.

Wann fordern Sie für Ihr Team einen Safety-Coach an?

Riedemann: Ich gucke, was sind kritische Arbeiten. oder was hat hohes Risikopotenzial. Zum Beispiel bei Tankarbeiten: Wenn die Begehung von Tanks notwendig ist oder eine große Inspektion auf der Anlage ansteht, da gibt es immer viele. kritische.  Sachen. Da. sollte der Safety-Coach mit Blick von außen und einem kritischen Auge das begleiten. Wenn was Risikoreiches auffällt, dann spricht der Safety-Coach die Kollegen vor Ort an. Oder er bekommt Feedback aus dem Team: „Heute ist was vorgefallen, was nicht so optimal war. Kannst du uns dabei unterstützen?“ Die Themen, die für alle wichtig sind, werden dann an einem Safety-Friday an alle  Mitarbeiter weitergegeben. Alle 14 Tage machen wir so eine gemeinsame Runde für etwa eine Stunde. Da kann einer vom anderen lernen.

 

Werden die Safety-Coaches von den Kollegen akzeptiert?

Riedemann: Da hat sich was geändert im Gegensatz zu früher. Ich bin jetzt 36 Jahre im Betrieb. Früher gab’s einen Sicherheitsbeauftragten. Wenn der auf die Leute zugegangen ist, dann haben alle erst mal geschluckt. Jetzt mit den Safety-Coaches wird viel offener kommuniziert. Alle wissen, worum es geht. So wie wir es jetzt insgesamt machen, mit allen Maßnahmen und Medien, ist klar, dass es um Verbesserung geht, nicht darum, wer was falsch macht.

 

Herr Reimann, wie machen Sie das vor Ort als Safety-Coach?

Reimann: Wenn vor Ort was auffällt oder kritisch ist, werden keine Namen genannt. Das ist wichtig. Wir fragen nach oder weisen auf etwas hin. Kollegial. Wenn wir das schriftlich dokumentieren, sind uns die Handlung und die Abläufe wichtig, damit daraus gelernt werden kann, aber nicht die Person. Ich halte es eigentlich immer so, dass ich das, was ich auf- schreibe, den Kollegen noch mal zeige, bevor ich es dann weiterleite. Ich frage dann: „Bist du so damit einverstanden?“ und er kann was dazu sagen.

 

Wie schulen Sie Ihren Blick von außen?

Reimann: Zweimal im Jahr treffen sich die Safety-Coaches zum Aus- tausch. Mehrfach im Jahr gibt es Sicherheitsbesprechungen, die übergreifend sind. Da kriegt man natürlich auch neuen Input von anderen Seiten und anderen sicherheitsrelevanten Dingen. Und erfährt, was betrieblich so läuft und worauf man achten sollte.

Häsemeyer: Null Unfälle zu halten ist ein langer Prozess. Das System lebt und muss gelebt werden. Es gibt immer wieder neue Sachen, neue Ideen, dass man Dinge ändern, umbauen oder ganz neu ansetzen
muss.