B./Schleswig-Holstein. – „Ich hatte beide Mitarbeiter für die Reinigungsarbeiten im Silo eingewiesen“, berichtet Betriebsleiter Heino L. (51). „Die Vorgehensweise war abgesprochen und allen Beteiligten klar. Drei Tage haben die beiden da drinnen hart gearbeitet. Dann war es irgendwann still im Silo. Ich war alarmiert und schaute nach. Das Schollenstück hatte sich als Ganzes gelöst. Beide Mitarbeiter lagen leblos darunter. Eine absolute Katastrophe!

 

Die Asphaltanbackung befand sich in der linken Silohälfte über dem Auslaufkonus. Die tonnenschwere Scholle war etwa 1,40 m hoch, 1,40 m breit und 0,40 m dick. Seit Monaten hing sie an der senkrechten Zwischenwand (siehe Skizze) und behinderte den Materialauslauf. Um eine fast ebene Fläche zu schaffen, sollten Selim K. (34) und sein Kollege Kilian S. (37) den linken Auslaufkonus mit losem Restmaterial auffüllen. Von Aluleitern aus sollten sie mit Elektromeißeln von oben nach unten die Scholle abtragen, was an sich schon nicht erlaubt ist! Sie sollten sich nicht im Gefahrenbereich der hängenden Anbackung aufhalten.

 

„Drei Tage Stemmarbeiten. Dann löste sich die Riesenscholle in einem Stück.“

 

Selim und Kilian leisteten Schwerstarbeit über mehrere Tage. In den Arbeitspausen erkundigte sich ihr Vorgesetzter immer wieder über den Fortgang der Siloarbeiten. Das Abstemmen der Anbackungen war schwierig und mühselig. Vermutlich entschieden Selim und Kilian irgendwann dann doch, die Stemmarbeiten direkt vor dem Schollenstück auszuführen. Und zwar stehend, um mehr Kraft und Druck ausüben zu können. Das bedeutete allerdings: arbeiten im Gefahrenbereich. Und so hämmerten und stemmten sie, was das Zeug hielt. Bis sich irgendwann völlig unerwartet das riesige Schollenstück als ganzes Teil löste. Die tonnenschwere Scholle kippte um und begrub beide Mitarbeiter unter sich. Für Selim und Kilian gab es kein Entkommen.

„Vermutlich hat sich durch die mit den Stemmarbeiten verbundenen Vibrationen die ganze Scholle von der Wand gelöst“, so der Unfalluntersuchungsbericht. „Beide Mitarbeiter hätten von einem sicheren Standort aus oberhalb der Anbackungen arbeiten müssen. Ein Sicherungsposten fehlte. Das Übergabeprotokoll, das von beiden Arbeitern unterschrieben wurde, enthielt allgemeine Sicherheitshinweise. Es fehlten konkrete technische und organisatorische Schutzmaßnahmen, wie solche Arbeiten sicher durchzuführen sind. Die vorhandene allgemeine Gefährdungsbeurteilung und die Betriebsanweisung für Arbeiten in Silos enthielten keine ausreichenden Angaben.“

Kurz und knapp

  • Für Reinigungsarbeiten in Silos ist eine schriftliche Erlaubnis zu erteilen. Diese muss genau beschreiben, wie die Arbeiten sicher ausgeführt werden.
  • Ein Sicherungsposten muss ständig anwesend sein. Die sichere Ausführung der Arbeiten ist regelmäßig zu überwachen.
  • Um Stauungen und Anbackungen zu entfernen oder aufzulockern, dürfen Mitarbeiter sich nicht unterhalb von anstehenden oder anhaftenden Schüttgütern aufhalten. Diese sind nur von oben zu beseitigen. Dabei sind geeignete Geräte oder Einrichtungen zu benutzen wie z. B. Stocherstangen, Lanzen oder Hochdruckreiniger.
  • Wo es geht, feste Arbeitsbühne nutzen, von der aus die Arbeiten ausgeführt werden. Meißelarbeiten von der Anlegeleiter sind nicht erlaubt.