H./Baden-Württemberg. – Betriebsschlosser Frederik B. (49) hörte einen Hilferuf aus dem Bitumentank. Er wusste, dass eine Tankreinigungsfirma an diesem Morgen die entleerten Silos reinigen sollte. Ohne über die Gefahr nachzudenken, lief er rüber zum acht Meter hohen Tank und stieg ein. Dann wurde ihm schwindelig und er stürzte in die Tiefe.

 

Frederik B. und sein Kollege Manfred H. (39) waren gerade dabei, die Siebmaschine am Mischturm zu reparieren. Dann hörten sie den Hilferuf  aus dem Bereich der Bitumentanks. „Wir wussten sofort, dass etwas passiert ist“, erinnert sich Manfred. „Ich bin gleich rüber zum Leitstand, um den Notruf abzusetzen. Frederik ist raus zu den Tanks und die Steigleiter hoch. Wahrscheinlich hat er den verletzten Kollegen unten im Tank liegen sehen und ist ohne zu überlegen da rein.“ Dass er sich damit selbst gefährden würde, hatte er nicht bedacht.

 

Was Frederik nicht wusste: An den Wänden des Tanks befanden sich noch Bitumenreste. Über zwei Wochen waren die Silos leer und verschlossen gewesen. Entsprechend wenig Sauerstoff war im Tank. Vermutlich wurde dies dem Arbeiter der Tankreinigungsfirma beim Heruntersteigen auf den Boden zum Verhängnis. Er verlor den Halt an der Leiter und stürzte ab. Leicht verletzt begann er um Hilfe zu rufen. Als Frederik ihm zu Hilfe eilen wollte, passierte ihm genau dasselbe. Er atmete die Bitumendämpfe ein, verlor den Halt an der Leiter und stürzte – allerdings aus größerer Höhe – auf den Siloboden. Dort blieb er mit schweren Verletzungen an Arm und Kopf liegen.

 

„Frederik wurde ausgeknockt durch aufsteigende Dämpfe.“

 

Die eingetroffenen Rettungskräfte standen vor einer schwierigen Aufgabe: Der Zugang zu den Verletzten war nur über das 60 cm enge Mannloch am oberen Teil des Silos möglich. Zunächst stieg ein Höhenretter gesichert und unter Atemschutz zu den Verletzten hinab. Parallel wurde die Drehleiter als Festpunkt für das Auf- und Abseilgerät in Stellung gebracht. Ein weiterer Höhenretter unterstützte die Rettungsarbeit von oben. So wurden die Verletzten nacheinander aus dem Silo gerettet. Mit Hilfe einer weiteren Drehleiter konnten beide Männer auf der Krankentrage sicher vom Silodach heruntergebracht werden.

 

„Der Fall von Herrn B. zeigt, wie wichtig es ist, Notfallpläne zu haben und Notfälle immer wieder praktisch zu üben“, so die zuständige Aufsichtsperson. „Die erste Maßnahme in der Rettungskette ist immer das Absichern der Unfallstelle und der Eigenschutz. Herr B. hätte erstens nicht allein und zweitens nicht ohne Anseilschutz in den Bitumentank einsteigen dürfen. Ein Kollege draußen hätte Kontakt zu ihm halten und ihn absichern müssen. Außerdem hätte er geeigneten Atemschutz tragen müssen, um sich vor den Dämpfen zu schützen. Dies gilt auch für den Mitarbeiter der Tankreinigungsfirma.“

Kurz und knapp

Wenn ein Notfall passiert, Rettungskette beachten:

  1. Absichern/Eigenschutz: Gefahren wie z. B. Absturzgefahr ins Silo und mögliche Gasbildung erkennen und sich selbst mittels Anseilschutz und Atemschutz sichern
  2. Notruf/Sofortmaßnahmen: Notruf 112 absetzen, betriebsinterne Alarmierung, ggf. Wiederbelebungsmaßnahmen bei Verletzten
  3. Weitere Erste Hilfe: z. B. Wundversorgung, fachgerechte Lagerung
  4. Rettungsdienst: holt Patienten aus Silo und macht ihn transportfähig
  5. Krankenhaus: fachärztliche Behandlung