H./Niedersachsen. – Über dem Bohrloch sollte eine Sicherheitseinrichtung angebracht werden. Dafür musste die bestehende Rohrleitung samt Ventilen abgebaut werden. Als Schlosser Mehmet Y. (38) zum Horizontalschnitt ansetzte, bemerkte er das Feuer. Rasend schnell breitete es sich an der Wand des Bohrkellers aus. Dort stand er auf der Leiter.

 

Wenn erfolgreich nach Erdöl und Erdgas gebohrt wurde, wird das Bohrloch zum Schluss dichtgemacht. Und ein sogenanntes Eruptionskreuz (kurz E-Kreuz) aufgeschraubt. Es besteht aus einer geflanschten Rohrleitung und mehreren Ventilen, die kreuzförmig angeordnet sind. Mit Hilfe dieses Aufbaus ist es möglich, kontrolliert Erdöl und Erdgas aus dem Bohrloch zu entnehmen. Ein solches E-Kreuz sollte demontiert werden, um einen Blowout-Preventer einzubauen. Diese Sicherheitseinrichtung sperrt das Bohrloch in jeder Phase des Betriebes ab. Und verhindert einen schlagartigen Ausbruch von Öl, Gas oder Wasser.

Geleert, gereinigt und freigemessen

Doch die Verschraubungen am E-Kreuz ließen sich nicht lösen. Nach Rücksprache wurde entschieden, einen Trennschleifer einzusetzen. Schlosser Mehmet erhielt dazu die Genehmigung. Mit Schutzausrüstung sollte er über eine Leiter hinab in den 3,50 m tiefen und 3 m langen Bohrlochkeller steigen. Gesichert mit einem Höhensicherungsgerät. Der Keller war am Vortag geleert und gereinigt worden. Bevor Mehmet mit seiner Arbeit begann, hatte der Gasschutzwart einer Fremdfirma den Keller freigemessen. Weder Gas noch erhöhte Kohlenwasserstoffwerte wurden angezeigt. Das Messgerät verblieb zur ständigen Messung im Arbeitsbereich.

 

„Das Messgerät war für diese Art von Kohlenwasserstoffen nicht geeignet.“

Flucht vor dem Feuer

Während Mehmet auf einem Arbeitspodest etwa 1,50 m unter der Kelleroberkante stand, wurde seine Arbeit von einem Kollegen oben überwacht. Als Mehmet zum Horizontalschnitt ansetzte, bemerkte er plötzlich Feuer an der Kellerwand, das sich rasend schnell ausbreitete. Erst versuchte Mehmet, mit Unterstützung seines Kollegen das Sicherungsseil von oben zu lösen, um über die Leiter zu entkommen. Doch die Flammen schlugen 2,50 m hoch. Daraufhin versuchte er, den Keller über die Seite zu verlassen. Doch das Höhensicherungsgerät blockierte. Mit einer Rückwärtsbewegung gelang es Mehmet schließlich, die Sicherungsleine zu entspannen und den Haken zu lösen. Über die andere Seite des Kellers brachte er sich dann in Sicherheit. Der Brand wurde erst mit einem Handfeuerlöscher bekämpft und dann mit einem Pulverlöscher gelöscht. Mehmet erlitt Brandverletzungen am Gesäß und am Ellenbogen.

 

„Die Unfalluntersuchung zeigte, dass sich im Bohrkeller benzolhaltige Abwässer gesammelt hatten“, so die zuständige Aufsichtsperson. „Diese waren durch eine Entwässerungsleitung der nahe gelegenen Trocknungsanlage in den Bohrkeller gelaufen. Obwohl der Bohrkeller gründlich gereinigt wurde, sammelte sich so viel benzolhaltiges Abwasser, dass eine zündfähige Atmosph.re entstand. Die Messungen des Gasschutzwartes der Fremdfirma erfassten die Benzoldämpfe jedoch nicht ausreichend. Das Messgerät war für diese Art von Kohlenwasserstoffen nicht geeignet. Die Dichtheit gasführender Anlagenteile ist wesentlich für den sicheren Anlagenbetrieb. Im Zuge von Überwachungs- und Wartungsarbeiten sind deshalb Kontrollen und Dichtigkeitsprüfungen durchzuführen. Aufgrund des Vorfalls wurde Folgendes bestimmt: Vor Beginn von Heißarbeiten erfolgt eine Freimessung durch einen betriebseigenen Gas- und Brandschutzexperten.“

Kurz & knapp

  • Benzol ist eine stark giftige, krebserregende, leicht entzündliche Flüssigkeit. Wenn Benzol verdampft, kann es zusammen mit Sauerstoff in der Luft ein brennbares Gemisch bilden. Brennbare Dämpfe sind umso gefährlicher, je niedriger ihr Flammpunkt liegt.
  • Lecks können überall auftreten, wo Gase oder Flüssigkeiten gelagert oder transportiert werden. Es gilt, diese schnell zu entdecken. Dafür braucht es geeignete Messgeräte, die schon geringe Mengen erkennen und anzeigen können. Eine wichtige Frage ist daher, welche Gase/Dämpfe an dem jeweiligen Arbeitsplatz auftreten können.
  • Die Gefährdungsbeurteilung und Messung muss von einer fachkundigen Person durchgeführt werden. Gas- und Brandschutzexperten brauchen nicht nur ausreichende Kenntnisse über die gefährlichen Eigenschaften möglicher Gefahrstoffe im Betrieb. Sie müssen sich auch vor Ort gut auskennen und mit den Arbeitsabläufen und den auszuübenden Tätigkeiten im Betrieb vertraut sein. Nur so können sie die Arbeitsbedingungen beurteilen und die festgelegten Schutzmaßnahmen während einer Tätigkeit bewerten.